Geplatzte Bauchschlagader: Notoperation als Glücksfall
Der Leitende Oberarzt Ernest Danch (links) und Oberarzt Stefan Heisel sind mit dem Heilungsverlauf bei Lydia Kunz sehr zufrieden. Ohne die Notoperation am Krankenhaus Bad Oeynhausen wäre die Patientin innerhalb kurzer Zeit verblutet.
Dass Lydia Kunz wieder lächelt, grenzt an ein Wunder. Vor wenigen Tagen noch hing das Leben der 84-Jährigen an einem seidenen Faden: Ihre Bauchschlagader war geplatzt. Ohne die beherzte und unkonventionelle Hilfe der Gefäßchirurgen am Krankenhaus Bad Oeynhausen wäre Lydia Kunz innerhalb weniger Stunden verblutet.
Die Seniorin kam mit Bauchschmerzen in ein Krankenhaus in der Umgebung. Dort konnten Gefäßchirurgen eine Bauchaortenruptur diagnostizieren. Allerdings war den Ärzten aufgrund des fortgeschrittenen Alters der Patientin die lebensrettende Operation zu gefährlich. Stattdessen verständigte man das Krankenhaus Bad Oeynhausen. Auch dort entschied das Ärzteteam, dass eine Operation mit einem langen Bauchschnitt aufgrund des Alters der Patientin nicht verantwortbar sei.
„Die herkömmliche Operationsmethode bei einer Ruptur der Bauchaorta ist ein kompletter Bauchschnitt. Die Methode ist sehr belastend für den Körper“, berichtet Ernest Danch, Leitender Oberarzt der Klinik für Gefäßchirurgie des Krankenhauses Bad Oeynhausen. Die Überlebenschance bei dieser Operationsmethode liegt schon bei jüngeren Patienten bei nur etwa 50 Prozent. „Wir wollten dieser Frau aber unbedingt helfen. Also haben wir eine schonendere Operationsmethode angewendet, die üblicherweise nur bei geplanten Operationen an der Bauchaorta genutzt werden kann“, sagt Ernest Danch: die endovaskuläre Operation, bei der durch zwei kleine Schnitte an der Leiste ein stabilisierender Stent bis zur Bauchaorta eingeführt wird.
Bei geplatzten Bauchschlagadern kann diese Operationsmethode in der Regel nicht angewendet werden, weil die Stents individuell angepasst werden müssen. „Das machen Spezialisten der Herstellerfirmen. Den richtigen Stent zu finden, ist enorm kompliziert. Passt der Stent nicht, ist das das sichere Todesurteil für den Patienten“, erklärt Danch.
Ernest Danch, Leitender Oberarzt der Klinik für Gefäßchirurgie am Krankenhaus Bad Oeynhausen, und Oberarzt Stefan Heisel (rechts) zeigen das Modell eines Stents der Bauchaorta, wie er bei Lydia Kunz verwendet worden ist. Nur wenige Kliniken in Deutschland haben ein Lager solcher Stents vor Ort. (Fotos: MKK)
Aufgrund der großen Erfahrung der Operateure haben sich aber die Hersteller dazu bereit erklärt, am Krankenhaus Bad Oeynhausen ein Lager von verschiedenen Stents einzurichten und den Operateuren im Notfall die Auswahl des richtigen Stents zu überlassen. „Wir konnten der 84-Jährigen einen passenden Stent über zwei kleine Leistenschnitte implantieren und so die lebensbedrohliche Blutung in die Bauchhöhle stoppen. Wir hatten diese eine Chance ,und die wollten wir unbedingt nutzen“, sagt der Leitende Oberarzt Ernest Danch, der zusammen mit seinem Kollegen Stefan Heisel die spektakuläre Operation durchgeführt hat.
Ein solches Lager an verschiedenen Stents haben nur wenige Kliniken in Deutschland. Selbst größeren Unikliniken wird es teils verwehrt. „Das zeigt, wie gut unsere Arbeit am Krankenhaus Bad Oeynhausen bei den Experten angesehen ist“, sagt Danch. Nach nur eineinhalb Stunden war die Operation beendet, bei der nicht eine einzige Blutkonserve benutzt werden musste. „Üblicherweise brauchen wir mindestens 10 bis 20 Blutkonserven bei einem Bauchschnitt. Der Patient liegt danach eine Woche auf der Intensivstation und danach mindestens drei Wochen auf der Normalstation. Frau Kunz können wir nun nach einer Woche wieder nach Hause entlassen – auf ihren eigenen zwei Beinen“, sagt Danch.
In der Zukunft wollen die Gefäßchirurgen aus Bad Oeynhausen, wann immer es möglich ist, auch in akuten Fällen auf die schonendere Operationsmethode ausweichen. „Es kommt ein bisschen darauf an, wo die Schlagader gerissen ist. Leider ist nicht in allen Fällen eine Versorgung über die Leiste möglich. Aber wann immer möglich, werden wir in Zukunft diese Methode anwenden“, sagt der Leitende Oberarzt Ernest Danch.
(Text: Mühlenkreiskliniken AöR)