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„Im Brustzentrum hat man mir Mut gegeben“

Es ist Februar im Jahr 2020, als Gilda Frerichs etwas in ihrer Brust spürt. Sie ist alarmiert. Ist es Brustkrebs? Oder ist es vielleicht eine ganz normale Verhärtung des Fettgewebes? Ihr Gynäkologe bestätigt ihren Verdacht. Brustkrebs!

Brustkrebs
Professor Philipp Soergel, Direktor der Universitätsklinik für Frauenheilkunde und Geburtshilfe am Johannes Wesling Klinikum, im Patientengespräch mit Gilda Frerichs. Foto und Freigabe: MKK/Sven Olaf Stange

„In dem Moment bricht in einem eine Welt zusammen. Man fürchtet sich ja immer vor so einem Gespräch, und plötzlich ist sie da. Diese Diagnose: Krebs“, sagt Gilda Frerichs. Doch bis zur endgültigen Bestätigung der Diagnose musste sie noch etwas warten. Die Ultraschalldiagnostik und die Mammographie lieferten keine eindeutigen Ergebnisse. Erst ein MRT brachte Klarheit. „Man hofft natürlich. Auch wenn alles dagegen spricht. Doch auch mit der Diagnose Brustkrebs weiß man ja noch überhaupt nicht, was das jetzt heißt. Wie groß ist der Tumor? Ist er behandelbar? Wie schlimm ist es? Muss ich sterben? Das sind dann Fragen, die einem im Kopf herumspuken. Ich habe versucht, mich nicht zu tief darin zu verlieren, sondern die nächsten Schritte gezielt anzugehen und positiv zu denken“, erzählt die 68-jährige Espelkamperin.

Diese nächsten Schritte führten Gilda Frerichs zum Brustzentrum ins Universitätsklinikum Minden. Dort traf sie auf Universitätsprofessor Philipp Soergel, der die notwendigen Untersuchungen in die Wege leitete. Die Ergebnisse waren durchwachsen: Gilda Frerichs litt an ein einer sehr aggressiven Krebsart. Der Tumor wuchs sehr schnell. Er war schon so groß, dass er nicht mehr einfach entfernt werden konnte.

Aber es gab auch gute Nachrichten: Weitere Metastasen wurden nicht gefunden. Auch gab es bei diesem Krebs in den vergangenen Jahren große medizinische Fortschritte bei der Chemotherapiebehandlung. „Noch vor wenigen Jahren wäre diese Diagnose von Frau Frerichs ein sicheres Todesurteil gewesen. Aber heute haben wir gute Chancen gegen diesen Krebs“, erklärt Universitätsprofessor Philipp Soergel. Das Tumorboard hat die Untersuchungsergebnisse lange diskutiert und kam zu einer Therapieempfehlung. Danach sollte versucht werden, den Tumor mit Chemotherapien gezielt zu verkleinern – bis er operiert werden konnte.

„Die Chemotherapien habe ich ambulant bei Professor Martin Griesshammer in Minden erhalten. Die Zeit der Chemotherapien war nicht schön. Mir ging es nicht gut. Aber es musste sein“, berichtet Gilda Frerichs. Die Haare fielen ihr aus. Sie kaufte sich eine Perücke, eine modische Kurzhaarfrisur in der eigenen Haarfarbe. Die erwünschte Wirkung der Chemo trat ein: Der Tumor verkleinerte sich, zog sich zurück. Auch die Blutwerte wurden besser.

Im August 2020 konnte Gilda Frerichs operiert werden. Eineinhalb Stunden dauerte die brusterhaltende Operation, bei der ihr ein tischtennisgroßer Tumor entnommen wurde. Das fehlende Gewebe wurde mit Fettgewebe ausgefüllt, welches die Operateure unter dem Arm entnommen hatten. Drei Tage später konnte Gilda Frerichs das Klinikum wieder verlassen. „Als ich mich nach der OP das erste Mal im Spiegel gesehen habe, war ich völlig überrascht. Man sah einfach nichts. Bis auf die OP-Wunde. Sonst aber überhaupt keinen Unterschied. Das hat mich völlig sprachlos gemacht.“

Brustkrebs - Behandlung
Professor Philipp Soergel, Direktor der Universitätsklinik für Frauenheilkunde und Geburtshilfe am Johannes Wesling Klinikum, leitet das Brustzentrum am Johannes Wesling Klinikum. In der Hand hält er ein selbstgenähtes Herzkissen. Jede Patientin im Brustzentrum des Universitätsklinikums Minden erhält während des stationären Aufenthaltes nach der Operation ein Herzkissen. Nach der OP unter den Arm geklemmt, lindern Herzkissen den Wundschmerz, federn Stöße ab, nehmen den Druck von der OP-Narbe und wirken einer möglichen Blockade des Lymphflusses entgegen.

Die Herzkissen werden von Damen des Seniorenclubs „60+ fit und aktiv“ aus Hüllhorst sowie weiteren engagierten Damen ehrenamtlich genäht und gefüllt – von Frau zu Frau mit Herz. Foto und Freigabe: MKK/Sven Olaf Stange

Nach der Operation und der Chemo hat Gilda Frerichs nun das Schlimmste überstanden. Beendet ist die Therapie damit aber noch nicht. Das Tumorboard hat Bestrahlungen sowie eine Antikörpertherapie empfohlen. Antikörpertherapien sind noch sehr neue Verfahren. Dabei werden eigens hergestellte Antikörper gegeben, die an verbliebene Brustkrebszellen andocken und sie so am Wachstum hindern. Über diese sogenannten „Her2neu-Rezeptoren“ binden die Krebszellen Stoffe aus dem Körper an sich, die das Zellwachstum fördern. Bei der Antikörpertherapie werden spezielle Antikörper gegeben, die genau diese Andockstellen besetzen. Es wird verhindert, dass die wachstumsfördernden Stoffe wirksam werden.

Gilda Frerichs ist dankbar, dass sie den Krebs bisher so gut bekämpft hat: „Ich hatte das Gefühl, hier am Brustzentrum sehr gut aufgehoben zu sein. Ich war keine Nummer. Jeder kannte mich beziehungsweise meinen Fall. Man hat mich aufgebaut, wenn ich am Boden war. Man hat mir Mut gegeben, mich unterstützt. Ich verdanke den Ärzten und Pflegekräften des Brustzentrums viel: vermutlich auch mein Leben!“

Brustkrebs

Brustkrebs ist die häufigste Krebserkrankung bei Frauen. Jährlich erkranken etwa 58.000 Frauen. Eine wichtige Anlaufstelle ist das zertifizierte Brustzentrum Minden-Herford. Hier werden jährlich mehr als 300 neu erkrankte Frauen mit Brustkrebs aus OWL und Niedersachsen von einem interdisziplinären Team aus Gynäkologen, Onkologen, Radiologen, Pathologen, Psychologen und Pflegefachkräften versorgt, davon mehr als 220 in Minden.
Durch die Bildung des interdisziplinären und interprofessionellen Brustzentrums Minden-Herford wurde ein Kompetenzzentrum für Diagnostik und Therapie von Frauen mit bösartigen und gutartigen Brusterkrankungen geschaffen. Durch die Kooperation der beteiligten Fachabteilungen des Klinikums und der Praxen der niedergelassenen Ärztinnen und Ärzte vereinen das Universitätsklinikum Minden und das Klinikum Herford klinische und wissenschaftliche Fachkompetenz.

Die Selbstuntersuchung der Brust

Die meisten Brustkrebstumore werden von den Patientinnen selbst entdeckt. Und je früher das passiert, desto besser sind die Heilungschancen. Mediziner*innen empfehlen daher, einem im Monat eine Selbstuntersuchung vorzunehmen. Ab 30 Jahren übernehmen Kassen zusätzlich eine Brustkrebsvorsorge beim Arzt, ab 50 Jahren werden Mammographien angeboten.

Schritt 1
Stellen Sie sich vor den Spiegel und lassen Sie die Arme locker an der Seite herunterhängen. Betrachten Sie Ihre Brüste eingehend und achten Sie auf Veränderungen. Einige Fragen können dabei hilfreich sein:
• Hat sich die Größe einer Brust seit der letzten Selbstuntersuchung verändert?
• Liegen beide Brüste auf derselben Höhe wie beim letzten Mal?
• Sieht eine Brust asymmetrisch aus?
• Hat sich die Farbe einer Brustwarze verändert, sind beispielsweise am Warzenvorhof Rötungen zu sehen?

Beachten Sie, dass bei den wenigsten Frauen beide Brüste völlig gleich aussehen. Oft ist beispielsweise die linke Brust etwas größer als die rechte. Es geht daher in erster Linie darum, Veränderungen festzustellen, die sich seit der letzten Selbstuntersuchung eingestellt haben.

Schritt 2
Legen Sie eine Hand hinter den Kopf und tasten Sie mit den drei mittleren Fingern der anderen Hand die gegenüberliegende Brust systematisch ab.

Legen Sie die Fingerkuppen flach auf die Haut und tasten Sie die gesamte Brust systematisch ab. Steigern Sie dabei den Druck, um alle Gewebeschichten, auch die tiefer liegenden, zu ertasten.
Damit alle Bereiche der Brust erfasst werden, sollte man beim Abtasten einem bestimmten Muster folgen. Folgende Methoden haben sich bewährt: In kleiner werdenden Kreisen von außen nach innen auf die Brustwarze zu. In Linien von oben nach unten und von außen nach innen. Strahlenförmig von außen nach innen auf die Brustwarze zu.

Bei der Selbstuntersuchung können Sie folgende Gewebearten ertasten: die sternförmig um die Brustwarze angeordneten Milchdrüsen und Milchgänge, die etwas fester sind als das umgebende Gewebe, die in Richtung Achselhöhle verlaufenden Lymphgefäße und Lymphknoten, die Rippen, das Brustbein und den Brustmuskel. Die Umschlagfalte der Brust kann dick und knotig sein.

Schritt 3
Bewegen Sie nun beide Arme auf und ab und beobachten Sie im Spiegel, wie sich Ihre Brüste bewegen. Wiederholen Sie die Bewegung mehrmals und ändern Sie dabei den Blickwinkel (von vorne und von beiden Seiten). Achten Sie auf Hautfalten, Einziehungen oder Vorwölbungen. Folgende Fragen können Ihnen helfen: Bewegen sich beide Brüste gleichmäßig mit nach oben und nach unten? Sind beide Brustwarzen auf derselben Höhe? Taucht beim Heben oder Senken der Arme eine Hautfalte, -einziehung, -verdickung auf?

Schritt 4
Zum Abschluss der Untersuchung drücken Sie jede Brustwarze leicht zwischen Daumen und Zeigefinger. Treten dabei farbige Absonderungen oder flüssiges Sekret aus, sollten Sie Ihren Frauenarzt aufsuchen.
(Text: Christian Busse – Mühlenkreiskliniken AöR)