Besser Pokerface statt Wutanfall
Lässt ein gekündigter Arbeitnehmer im Gerichtssaal wüste Beschimpfungen gegen den Arbeitgeber los, kann das ein erneuter Grund für eine Kündigung sein. Darauf weist Jurist Georg Goebel hin, der gemeinsam mit Peter Kresken in Sozietät eine Anwaltskanzlei in Hüllhorst und Lübbecke betreibt. Diese Erfahrung musste ein 47-jähriger Fahrzeugführer vor dem Hessischen Landesarbeitsgericht machen.
Während der Verhandlung über die ihm gegenüber ausgesprochene Kündigung, brach es in Anwesenheit der beklagten Arbeitgeberin und seines Rechtsanwalts plötzlich aus ihm heraus: "Die Beklagte lügt wie gedruckt. Wie sie mit Menschen umgeht, da komme ich mir vor wie im Dritten Reich!"
Der Vorsitzende Richter forderte den Kläger nach diesen Entgleisungen auf, entweder den Saal zu verlassen oder sachlich weiterzuverhandeln, das heißt die Äußerung zurückzunehmen und sich umgehend bei der Arbeitgeberin zu entschuldigen. Da sich der Arbeitnehmer uneinsichtig zeigte, schickte die Arbeitgeberin einige Tage später wegen der groben Beleidigung vor Gericht eine weitere, diesmal fristlose Kündigung hinterher, gegen die der Arbeitnehmer erneut vor den Kadi zog - dies allerdings vergeblich.
Durch Urteil vom 14.09.2010 hat das Hessische Landesarbeitsgericht entschieden, dass Grundrecht der Meinungsfreiheit werde regelmäßig zurücktreten müssen, wenn bestimmte Äußerungen einen Angriff auf die Menschenwürde oder eine Formalbeleidigung oder eine Schmähung darstellte. Die Gleichsetzung betrieblicher Verhältnisse und Vorgehensweisen mit dem nationalsozialistischem Terrorsystem und erst recht mit den Konzentrationslagern begangenen Verbrechen bilde in der Regel einen wichtigen Grund zur Kündigung. In arbeitsrechtlichen Angelegenheiten sollten Arbeitgeber wie Arbeitnehmer daher einen entsprechenden Anwalt ihres Vertrauens zu Rate ziehen. Text: Rechtsanwalt Georg Goebel / Weitere Infos: http://www.jur24.de/