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Betreuungsunterhalt: Jeder Fall wird einzeln geprüft

Nach einer Trennung oder Scheidung steht dem Elternteil, der minderjährige Kinder betreut, grundsätzlich ein Anspruch auf den so genannten Betreuungsunterhalt (§1570 BGB) zu. Diesen Unterhalt hat der andere, nicht betreuende Elternteil zu zahlen. Der Betreuungsunterhalt ist zunächst auf die ersten drei Lebensjahre eines Kindes zeitlich begrenzt. Der Unterhalt soll sicherstellen, dass der betreuende Elternteil ausreichend finanzielle Mittel hat, um die Erziehung und Versorgung des Kindes sicherzustellen. Während dieser drei ersten Lebensjahre des Kindes ist der betreuende Elternteil auch nicht verpflichtet, einer Erwerbstätigkeit nachzugehen.

Der Anspruch auf Betreuungsunterhalt endet nicht automatisch, wenn das betreute Kind drei Jahre alt wird. Vielmehr muss in jedem Einzelfall geprüft werden, ob besondere Gründe vorliegen, die eine Verlängerung des Anspruchs auf Betreuungsunterhalt rechtfertigen, weiß Regina Gerdom (Foto), Rechtsanwältin und Fachanwältin für Familienrecht in Lübbecke.

Nach einer Trennung oder Scheidung steht dem Elternteil, der minderjährige Kinder betreut, grundsätzlich ein Anspruch auf den so genannten Betreuungsunterhalt (§1570 BGB) zu.

Noch vor ein paar Jahren gingen die Gerichte eher davon aus, dass für ein Kind ab einem Alter von drei Jahren keine Notwendigkeit der persönlichen Betreuung durch den Elternteil mehr besteht. Vielmehr wurde verstärkt auf die bestehenden Möglichkeiten der Fremdbetreuung verwiesen und dem betreuenden Elternteil eine Vollzeiterwerbstätigkeit zugemutet.

Voraussetzung hierfür war allerdings schon immer, dass für das zu betreuende Kind überhaupt konkret ein Betreuungsplatz zur Verfügung steht. Dies ist von Ort zu Ort unterschiedlich. Gab es allerdings eine so genannte Ganztagsbetreuung für das Kind, wurde auch eine Vollerwerbstätigkeit erwartet. Einen Anspruch auf Zahlung von Betreuungsunterhalt an den betreuenden Elternteil gab es dann nicht mehr.

Mittlerweile lässt sich ein Wandel in der Rechtsprechung beobachten. Immer weniger Gerichte verlangen nach dem 3. Geburtstag des betreuten Kindes einen abrupten Wechsel von der Nichterwerbstätigkeit in die Vollerwerbstätigkeit. Dem betreuenden Elternteil wird eher eine Übergangsphase zugestanden, in der für einige Jahre zwar eine Teilzeittätigkeit erwartet wird, aber noch keine Vollzeitstelle angenommen werden muss. Je nach Höhe des Verdienstes im Rahmen einer solchen Teilzeittätigkeit verringert sich natürlich auch die Höhe des geschuldeten Betreuungsunterhalts.

Noch immer wird aber sehr kontrovers darüber gestritten, wann den betreuenden Elternteil die Verpflichtung zu einer Vollzeiterwerbstätigkeit trifft und dann kein Betreuungsunterhalt mehr gezahlt werden muss.

Rahmenbedingungen sind entscheidend

Interessant sind hierbei die Entscheidungen des OLG Düsseldorf vom 15.03.2013 und vom 24.04.2015 (beide zum AZ: II-3 UF 211/12). Eltern stritten durch alle Instanzen über den Anspruch der Mutter auf Betreuungsunterhalt. Die Sache ging bis zum Bundesgerichtshof, der das Verfahren dann wieder an das OLG Düsseldorf zurückverwies.

Einige Leitsätze verdienen Beachtung. So geht das OLG Düsseldorf davon aus, dass es Kindern bis zum Grundschulalter nicht zugemutet werden kann, ohne Aufsichtsperson längere Zeit allein zu Hause zu bleiben. Bei Kindern diesen Alters muss eine nahezu ständige Betreuung gewährleistet sein. Diese muss nicht notwendigerweise durch den Elternteil selbst erfolgen. Aber eine Fremdbetreuung muss sich am Wohl des Kindes orientieren.

In dem konkreten Fall bedeutete dies folgendes. Die Betreuung des jüngsten Kindes des Elternpaares, das bis 16 Uhr in die Ganztagsbetreuung der Grundschule gehen konnte, war mit einer vollschichtigen Tätigkeit der Mutter nicht zu vereinbaren.

Nach Ansicht des OLG konnte die Mutter auch nicht verpflichtet werden, das Kind nach dem Besuch der Ganztagsbetreuung von ihren ehemaligen Schwiegereltern betreuen zu lassen. Dies insbesondere nicht in der Wohnung der Kindesmutter.

Da die Mutter bei einer vollschichtigen Erwerbstätigkeit teilweise erst abends nach Hause zurückkommen würde, war es nach Ansicht des OLG Düsseldorf den Kindern im Grundschulalter auch nicht zuzumuten, den ganzen Tag bis zum Schlafengehen außer Haus zu verbringen. Eine regelmäßige ganztägige Fremdbetreuung ist nicht zum Wohl von Kindern im Grundschulalter.

Gehen Kinder auf weiterführende Schulen, so kann nach Ansicht des OLG Düsseldorf erfahrungsgemäß erwartet werden, dass sie für kurze Zeit ohne Beaufsichtigung durch einen Elternteil zu Hause bleiben können. Im vorliegenden Fall bot allerdings das örtliche Gymnasium, das das Kind besuchen sollte, keine Ganztagsbetreuung an. Das Kind würde also voraussichtlich bereits mittags nach Hause kommen und wäre also regelmäßig über einen längeren Zeitraum auf sich alleine gestellt. Dies ist nach Ansicht des OLG Düsseldorf Kindern in diesem Alter noch nicht zuzumuten.

Liegen derartige Rahmenbedingungen vor, so kann ein betreuender Elternteil nicht darauf verwiesen werden, in Vollzeit zu arbeiten. Dann muss der andere Elternteil weiter Betreuungsunterhalt zahlen.

Es bleibt aber dabei, dass in jedem Einzelfall konkret geprüft werden muss, welche Betreuungsmöglichkeiten es gibt und was den betroffenen Kindern konkret an Fremdbetreuung zugemutet werden kann. Erst dann kann über den Anspruch auf Betreuungsunterhalt entschieden werden.

(Text: Regina Gerdom)