Für minderjährige Kinder das Sorgerecht festlegen
Beate Aumann-Kaup ist Rechtsanwältin und Notarin, Fachanwältin für Familienrecht, Fachanwältin für Erbrecht und Mediatorin und führt ihre Kanzlei an der Osnabrücker Straße 3 in Lübbecke. (Foto: www.hallo-luebbecke.de)
Es gehört wohl zu den schlimmsten vorstellbaren Szenarien: Ein Kind verliert seine Eltern und ist plötzlich Waise. Auch wenn jeder diese Möglichkeit am liebsten ausblenden würde, ist Vorsorge gerade für solche Katastrophen sinnvoll, so dass im Interesse der Kinder Vorkehrungen getroffen werden sollten, betont Beate Aumann-Kaup, Rechtsanwältin und Notarin, Fachanwältin für Familienrecht, Fachanwältin für Erbrecht und Mediatorin mit Kanzlei in Lübbecke.
Was passiert, wenn beide Eltern oder der allein sorgeberechtigte Elternteil verstirbt? Wer kümmert sich um die Kinder? Üben die Eltern die gemeinsame elterliche Sorge aus? Hat beim Tod eines Elternteils der Überlebende das alleinige Sorgerecht, ohne dass das Familiengericht tätig werden und einen Vormund bestellen muss? Diese Fragen betreffen auch getrennt lebende oder geschiedene Eltern, die gemeinsames Sorgerecht hatten. Verstirbt ein Elternteil, dem die elterliche Sorge allein zustand, so wird das Familiengericht zumeist die elterliche Sorge dem anderen Elternteil übertragen, wenn dies dem Wohl des Kindes nicht widerspricht.
Wer sicherstellen möchte, dass die Kinder in gute Hände kommen, kann dies mit einer Sorgerechtsverfügung oder einer Sorgerechtsvollmacht erreichen. Denn das Sorgerecht für minderjährige Vollwaisen geht nicht automatisch auf nahe Verwandte wie Geschwister oder Großeltern über und entgegen weitverbreiteter Meinung auch nicht auf die Taufpaten. Vielmehr entscheidet dann das Familiengericht darüber, wer sich künftig um das Kind zu kümmern hat und bestellt einen Vormund.
Mit einer Sorgerechtsverfügung können die Eltern eine Person auswählen, die die elterliche Sorge übernehmen und sich um das Kind kümmern soll. In der Regel werden das Menschen sein, die zu den Kindern eine enge Bindung und ein gutes, vertrauensvolles Verhältnis haben. Ein allein sorgeberechtigter Elternteil hat auch die Möglichkeit, im Rahmen einer Sorgerechtsverfügung der Übertragung des Sorgerechts auf bestimmte Personen, z.B. den bisher nicht sorgeberechtigten Elternteil zu widersprechen.
Das Schicksal kann man nicht beeinflussen. Und deshalb ist es wichtig, auch für den eigentlich unvorstellbaren Fall des Todes beider Eltern die Weichen so zu stellen, dass die minderjährigen Kinder trotz des schwerwiegenden Verlustes eine gute Zukunft unter der Obhut vertrauenswürdiger Menschen haben. (Motivfoto: www.pixabay.de)
Das Familiengericht prüft
Das Familiengericht muss sich im Rahmen der Prüfung damit auseinandersetzen und darf sich über die Wünsche in der Sorgerechtsverfügung nur hinwegsetzen, wenn dies im Sinne des Kindeswohls erforderlich ist. Ansonsten wird das Familiengericht nach Möglichkeit die Wünsche der sorgeberechtigten Eltern zu berücksichtigen und zu beachten haben.
In der Regel wird das Familiengericht einen Vormund aus der Familie bevorzugen. Wer das nicht möchte, sollte daher auch diejenigen in der Verfügung benennen, die keinesfalls das Sorgerecht ausüben sollen. Ratsam ist, die Entscheidungen, Wünsche und Vorstellungen zu begründen, damit das Gericht sie später nachvollziehen kann.
Die Sorgerechtsverfügung für den Todesfall kann im Rahmen eines Testaments oder Erbvertrages erklärt werden. Wie bei jedem Testament ist daher die richtige Form zu beachten, d.h. es muss entweder persönlich, handschriftlich verfasst und eigenhändig unterschrieben oder aber in notarieller Form errichtet werden, um jede Bedenken, Zweifel und Formfehler zu vermeiden.
Grundsätzlich endet das Sorgerecht mit Eintritt der Volljährigkeit der Kinder. Wer sicherstellen will, dass das geerbte Vermögen den Kindern nicht mit dem 18. Lebensjahr zur freien Verfügung steht, sondern auch darüber hinaus noch eine gewisse Aufsicht erfolgt, kann diese Sorgerechtsverfügung mit der Anordnung einer Testamentsvollstreckung kombinieren.
Mittels einer Testamentsvollstreckung kann sichergestellt werden, dass das geerbte Vermögen auch über den Eintritt der Volljährigkeit hinaus zu Gunsten der Kinder von einem Testamentsvollstrecker verwaltet wird. In der Regel wird man hier einen Zeitraum wählen, bei dem man davon ausgeht, dass die Kinder bis dahin zumindest ihre Ausbildung absolviert haben. Selbstverständlich sollen die Kinder nicht bis ins hohe Erwachsenenalter hinein bevormundet werden, sondern irgendwann selbst die Verantwortung übernehmen.
Was hier möglich und sinnvoll ist, kann selbstverständlich nur für jeden Einzelfall beurteilt werden. Es lohnt sich daher, für eine sachgerechte Gestaltung eine fachkundige Beratung hinzuziehen.
(Text: Beate Aumann-Kaup, Rechtsanwältin und Notarin, Fachanwältin für Familienrecht, Mediatorin)