Nachehelicher Unterhalt gilt nicht unendlich
Auch nach einer Scheidung kann ein geschiedener Ehegatte dem anderen die Zahlung von Unterhalt schulden. Die Höhe dieses nachehelichen Unterhalts bemisst sich nach der Leistungsfähigkeit des Unterhaltspflichtigen, also nach seinen Einkünften und seinem Vermögen.
Beendet der Unterhaltspflichtige aus Altersgründen seine Erwerbstätigkeit und bezieht nur noch Renteneinkünfte, so ist er in der Regel weniger leistungsfähig als noch zu Zeiten der Erwerbstätigkeit, da die Altersrente nur einen Teil des vorigen Einkommens ausmacht.
Die Höhe des nachehelichen Unterhalts muss dann an die aktuelle Leistungsfähigkeit des unterhaltspflichtigen Rentners angepasst werden. In der Regel sinkt durch die geringeren Einkünfte des Rentners auch der zu zahlende Unterhalt an den geschiedenen Ehegatten.
Was passiert jedoch, wenn ein Unterhaltspflichtiger weit über das eigentliche Rentenalter hinaus noch erwerbstätig ist, da es ihm seine finanzielle Situation nicht erlaubt, seine Erwerbstätigkeit zu beenden? Profitiert der geschiedene Ehegatte dann von diesen Erwerbseinkünften?
Einen solchen Fall hatte das OLG Koblenz (Entscheidung vom 18.06.2014, AZ: 9 UF 34/14) zu entscheiden. Eheleute hatten sich 2005 scheiden lassen. Im selben Jahr hatten die Eheleute einen notariellen Vertrag geschlossen, in dem sie unter anderem die Übertragung eines vormals gemeinsamen Grundbesitzes nebst Verbindlichkeiten auf den Ehemann regelten und vereinbarten, dass der Ehemann der Ehefrau nachehelichen Unterhalt in Höhe von 1.000 € monatlich zu zahlen hat. Zu diesem Zeitpunkt war der Ehemann 68 Jahre alt, die Ehefrau 62 Jahre alt.
Im Jahr 2013 begehrte der geschiedene Ehemann die Abänderung der notariellen Vereinbarung und beantragte beim zuständigen Amtsgericht die Feststellung, dass er zur Zahlung von nachehelichem Unterhalt nicht mehr verpflichtet ist. Er gab an, es sei eine wesentliche Veränderung in seinen tatsächlichen Verhältnissen im Vergleich zu den tatsächlichen Verhältnissen bei Abschluss des notariellen Vertrages eingetreten.
Das zuständige Amtsgericht lehnte seinen Antrag ab. Daraufhin ging der Ehemann in die zweite Instanz. Das OLG Koblenz gab seinem Antrag statt.
Die tatsächlichen Verhältnisse des Ehemannes hatten sich grundlegend geändert. Sein Grundbesitz stand unter Zwangsverwaltung, die Zwangsversteigerung war bereits angeordnet worden. Der Zwangsverwalter hatte das Grundstück auch bereits geräumt, so dass der Ehemann dies nicht mehr bewohnen und auch nicht mehr vermieten konnte. Die Zurechnung eines Wohnwerts und die Zurechnung von Mieteinnahmen war somit entfallen.
Auch hinsichtlich der Einnahmen des Ehemannes aus seiner selbständigen Tätigkeit als Bauingenieur war eine wesentliche Veränderung eingetreten. Der Ehemann stand kurz vor der Vollendung seines 78. Lebensjahres. Zwar stritten sich die Beteiligten über die Höhe seiner Einkünfte aus der selbstständigen Tätigkeit. Aber das Gericht entschied, dass der Ehemann aufgrund seines Alters unterhaltsrechtlich nicht mehr zu einer Erwerbstätigkeit verpflichtet ist.
Eine Erwerbstätigkeit nach Erreichen der Regelaltersgrenze kann nach Ansicht des Gerichts von einem Unterhaltsverpflichteten nicht mehr verlangt werden. Die Einkünfte des Ehemannes sind daher nicht mehr in die Unterhaltsberechnung einzubeziehen.
Zwar hatten die Beteiligten sich bei Abschluss der notariellen Vereinbarung vorgestellt, dass der Ehemann noch über das Erreichen der gesetzlichen Altersgrenze hinaus erwerbstätig sein würde. Dies ergibt sich bereits daraus, dass der Ehemann bei Abschluss der notariellen Vereinbarung 68 Jahre alt war. Daraus konnte nach Ansicht des Gerichts jedoch nicht geschlossen werden, dass Einkünfte des Ehemannes, die dieser acht Jahre später erzielte, weiterhin und auf unabsehbare Zeit für den Unterhalt der Ehefrau einzusetzen wären.
Beide Beteiligte befanden sich in einer schwierigen finanziellen Lage. Die Ehefrau besaß nur geringe Renteneinkünfte und war ohne die Unterhaltszahlungen auf öffentliche Hilfen angewiesen. Der Ehemann hatte Schulden bei der Bank in Höhe von mehr als 188.000,00 €, bezog aber nur eine Altersrente in Höhe von 302,00 € und einen Ehrensold in Höhe von 171,00 € monatlich.
Mit den geringen Einkünften aus seiner selbständigen Tätigkeit konnte er also allenfalls seinen eigenen Bedarf sicherstellen. Und aufgrund des hohen Alters des Ehemannes konnte das Gericht auch keine Prognose wagen, wie lange der Ehemann überhaupt noch in der Lage sein würde, diese zusätzlichen Einkünfte zu erzielen.
Da das Einkommen des Ehemanns weit unter seinem Selbstbehalt lag, entschied das OLG Koblenz, dass er nicht länger zur Zahlung von Unterhalt an die Ehefrau verpflichtet ist. Die notarielle Vereinbarung war entsprechend abzuändern.