Trennungsunterhalt fällig trotz Facebook-Posts
Trennt sich ein Ehepaar, so hat im Regelfall der wirtschaftlich schwächere Ehegatte gegen den wirtschaftlich stärkeren Ehegatten einen Anspruch auf Zahlung von Trennungsunterhalt. Die Höhe des Trennungsunterhaltes richtet sich nach den Lebensverhältnissen der Ehegatten, insbesondere ihren Erwerbs- und Vermögensverhältnissen. Auf die Trennungsgründe oder ein Trennungsverschulden kommt es dabei grundsätzlich nicht an, weiß Regina Gerdom, Rechtsanwältin und Fachanwältin für Familienrecht in Lübbecke.
Allerdings kann ein Anspruch auf Trennungsunterhalt wegen grober Unbilligkeit ganz oder teilweise ausgeschlossen sein. Der Gesetzgeber hat die Gründe hierfür in §1579 BGB festgelegt. So kann der Unterhalt z.B. entfallen, wenn der Berechtigte seine Bedürftigkeit mutwillig herbeigeführt hat (Nr. 4) oder wenn sich der Berechtigte über schwerwiegende Vermögensinteressen des Verpflichteten mutwillig hinweggesetzt hat (Nr. 5).
In der Praxis am relevantesten aber dürfte §1578 Nr. 2 BGB sein. Danach kann ein Unterhaltsanspruch verwirkt sein, wenn der Berechtigte in einer verfestigten (neuen) Lebensgemeinschaft lebt.
Das Vorliegen einer verfestigten Lebensgemeinschaft lässt sich an objektiven, nach außen hin sichtbaren Umständen festmachen, wie z.B. das Führen eines gemeinsamen Haushaltes über eine längere Dauer.
Auch das Erscheinungsbild in der Öffentlichkeit kann ausschlaggebend sein, wenn also der Unterhaltsberechtigte und der neue Lebenspartner gemeinsam bei Familienfeiern oder sonstigen öffentlichen Veranstaltungen auftreten. Auch größere gemeinsame Investitionen wie der Erwerb eines gemeinsamen Familienheims sprechen für eine verfestigte Lebensgemeinschaft. Außerdem muss die neue Lebensgemeinschaft auch eine bestimmte Dauer haben, die Rechtsprechung geht hier von einer Mindestdauer von zwei bis drei Jahren aus.
Für die Frage, ob eine verfestigte Lebensgemeinschaft vorliegt, kommt es dagegen nicht auf die Leistungsfähigkeit des neuen Lebenspartners an oder auf die Aufnahme intimer Beziehungen. Der Härtegrund darf nicht zu einer Kontrolle der Lebensführung des Bedürftigen führen.
Das Amtsgericht Lemgo hatte einen Fall zu entscheiden (Beschluss vom 08.06.2015, AZ: 8 F 43/15), in dem es um die Frage ging, ob eine getrennt lebende Ehefrau ihren Anspruch auf Trennungsunterhalt verwirkt hatte.
Die Eheleute hatten sich im April 2014 getrennt, die Ehefrau war aus dem gemeinsamen Haus ausgezogen. Zuerst lebte die Ehefrau bei ihren Eltern, im März 2015 zog sie dann zu ihrem neuen Lebensgefährten. Das Scheidungsverfahren war eingeleitet.
Die Ehefrau verlangte nun von ihrem Ehemann die Zahlung von Trennungsunterhalt rückwirkend ab April 2014. Der Ehemann weigerte sich zu zahlen, insbesondere weil er der Meinung war, der Anspruch auf Trennungsunterhalt sei verwirkt.
Der Ehemann trug vor, die Ehefrau habe bereits zum Zeitpunkt der Trennung eine Beziehung zu ihrem jetzigen Lebenspartner gehabt. Seitdem habe sie mit ihm ihre gesamte Freizeit verbracht. Der neue Lebensgefährte habe auch an Familienfeiern teilgenommen und man sei gemeinsam in Urlaub gefahren. Darüber hinaus habe die Ehefrau bereits im Mai 2014 in ihrem Facebook-Eintrag zwei Fotos von sich und dem Lebensgefährten eingestellt, die beide in inniger Vertrautheit zeigten. Das sei ein schwerwiegendes Fehlverhalten, weil es geeignet sei, ihn (den Ehemann) in der Öffentlichkeit lächerlich zu machen.
Die Ehefrau trat dem Vorbringen zur Verwirkung entgegen. Sie behauptete, die Beziehung zu dem neuen Partner sei erst nach ihrem Auszug aus der Ehewohnung aufgenommen worden. Die Facebook-Fotos seien auch nicht für die Öffentlichkeit bestimmt gewesen. Außerdem sei sie auch nicht überraschend aus einer intakten Ehe ausgebrochen. Vielmehr habe der Ehemann selbst seit Jahren eine Beziehung zu seiner jetzigen Lebensgefährtin gepflegt.
Das Amtsgericht Lemgo gab überwiegend der Ehefrau recht. Es entschied, dass die Ehefrau einen Anspruch auf Trennungsunterhalt hat, der auch nicht verwirkt ist.
Nach Ansicht des Gerichts reicht die Zuwendung zu einem neuen Partner - ob dies nun vor oder nach der Trennung erfolgt ist – für eine Verwirkung nicht aus.
Nach der Darstellung der Ehefrau, die der Ehemann nicht bestritten hat, war die Beziehung der Eheleute bereits seit längerem belastet, weil der Ehemann ein außereheliches Verhältnis pflegte. Somit kann der Ehefrau nicht vorgeworfen werden, dass sie einseitig und grundlos die eheliche Solidarität aufkündigte und die Trennung vollzog.
Die Veröffentlichung eines Fotos mit dem neuen Partner hielt das Gericht zwar für nicht nötig und nicht gerade geschmackvoll. Es stellte aber fest, dass es heute allgemein üblich sei, Umstände seines Privatlebens in den sozialen Netzwerken zugänglich zu machen. Eine schwerwiegende Verunglimpfung des Ehemannes zumal auf dem Hintergrund seiner eigenen Beziehung zu einer anderen Partnerin lag nach Ansicht des Gerichts deshalb nicht vor.
Auch ein Fall des § 1579 Ziff. 2 BGB war nach Ansicht des Gerichts nicht gegeben. Eine verfestigte Lebensgemeinschaft mit einem neuen Partner, die zu einem Unterhaltsausschluss führen kann, erfordert eine längere Zeitspanne und ist regelmäßig erst nach 2 bis 3 Jahren anzunehmen.
Die neue Beziehung der Ehefrau begann nicht vor April 2014, jedenfalls behauptete auch der Ehemann konkret nichts anderes. Erst seit Ende März 2015 führte sie mit dem Partner einen gemeinsamen Haushalt.
Das Gericht führte weiter aus: Die Ehefrau mag mit ihrem neuen Lebensgefährten schon seit längerem in der Öffentlichkeit als Paar auftreten und sich als zusammengehörig zu erkennen gegeben haben. Damit sei aber noch nicht sicher, ob eine langfristige Planung für eine gemeinsame Zukunft bestand und die neue Beziehung an die Stelle der Ehe getreten ist. Immerhin sei das Scheidungsverfahren noch nicht abgeschlossen.
Unter diesen Umständen wurde dem Ehemann die Zahlung von Trennungsunterhalt zugemutet.
Bei der Beurteilung, ob ein Anspruch auf Trennungsunterhalt verwirkt ist, muss also ganz genau hingeschaut werden.