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Zahlen für Ausbildung ja – aber nicht „unendlich“

Zahlen für Ausbildung ja – aber nicht „unendlich“

Dass Eltern ihre minderjährigen Kinder betreuen und finanziell versorgen müssen, steht außer Frage. Bis zum Erreichen des Schulabschlusses ist dies – auch wenn die Kinder mittlerweile volljährig geworden sind – selten ein Problem. Aber wie geht es dann weiter mit den »Großküken«? Grundsätzlich muss schließlich jeder Erwachsene – und das ist rechtlich zweifelsohne jeder Volljährige ab 18 – für sich selber sorgen und seinen eigenen Lebensunterhalt verdienen. Die Realität sieht freilich anders aus. Welcher junge Heranwachsende steht schon mit 18 Jahren auf eigenen Füßen?

Das Gesetz sieht vor, dass die Eltern auch ihren volljährigen Kindern Unterhalt schulden, so lange diese sich in der Ausbildung befinden (so genannter Ausbildungsunterhalt). Das bedeutet aber keineswegs, dass der »ewige Student« den Eltern auf der Tasche liegen kann oder aber verschiedene Ausbildungsgänge oder gar immer wieder abgebrochene und neu angefangene Ausbildungen finanziert werden müssen, erklärt die Lübbecker Rechtsanwältin Beate Aumann-Kaup.

Die Rechtsprechung hat verschiedene Kriterien entwickelt, die den Ausbildungsunterhalt begründen, aber auch begrenzen. Als Grundsatz gilt: Der Anspruch umfasst die Kosten einer angemessenen Berufsausbildung, die den Begabungen und Fähigkeiten, dem Leistungswillen und den beachtenswerten Neigungen des Kindes am besten entspricht und sich in den Grenzen der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit der Eltern hält.

Orientierung ja – trödeln nein

Der Verpflichtung der Eltern zur Finanzierung einer Berufsausbildung steht bei dem unterhaltsberechtigten Kind die Obliegenheit gegenüber, die Ausbildung mit Fleiß und der gebotenen Zielstrebigkeit in angemessener und üblicher Zeit aufzunehmen und zu beenden (z.B. Regelstudienzeit). Dabei ist jedem Kind auch eine gewisse Orientierungsphase zuzubilligen.

Wer nach der Schule eine Ausbildung aufnimmt, aber kurze Zeit später feststellt, dass dies der falsche Weg war und dann (zielstrebig) in absehbarer Zeit eine neue Ausbildung aufnimmt, verliert den Unterhaltsanspruch nicht. Bummelsemester und vertrödelte Zeit gefährden jedoch den Anspruch auf Ausbildungsunterhalt. Begründete Zeiten des »Lehrlaufes« (z.B. Wartesemester) muss das volljährige Kind ggf. auch mit Jobs selbst finanzieren. 

Wer eine praktische Ausbildung macht, kann durchaus noch Anspruch auf die Finanzierung eines anschließenden Studiums haben, wenn beides in einem Zusammenhang steht (Krankenpflegeausbildung – Medizinstudium, Banklehre - Betriebswirtschaftsstudium). Ob den Eltern unter Berücksichtigung aller Umstände die Leistung von Ausbildungsunterhalt im Einzelfall noch zumutbar ist, wird nicht nur durch ihre eigene wirtschaftliche Leistungsfähigkeit bestimmt, sondern auch davon, ob und inwieweit sie damit rechnen müssen, dass ihr Kind weitere Ausbildungsstufen anstrebt.

Zu den schützenswerten Belangen des Zahlungspflichtigen gehört, sich in der eigenen Lebensplanung darauf einstellen zu können, wie lange die Unterhaltslast dauern wird. Die Eltern sollten daher rechtzeitig über die Ausbildungsziele und Pläne informiert werden. Eine Unterhaltsverpflichtung wird dabei umso weniger in Betracht kommen, je älter der Auszubildende bei Abschluss seiner Berufsausbildung ist.

Immer sind die Umstände des Einzelfalls maßgeblich. Absprachen zwischen Eltern und Kindern, die Leistungsfähigkeit der Zahlungspflichtigen, Ausbildungszeit und Zielstrebigkeit des volljährigen Kindes sind wichtige Kriterien. Entstehen bei einem mit Numerus Clausus belegten Studiengang notenbedingte Wartezeiten, heißt dies nicht, dass der Studiengang für das betreffende Kind unangemessen ist. Es kann jedoch zur Folge haben, dass das Kind seinen Bedarf während der Wartezeit durch eine eigene Erwerbstätigkeit sicherstellen muss.

Für den Unterhaltsanspruch selbst sind beide Elternteile zahlungsverpflichtet, sofern sie beide über Einkommen verfügen, und zwar im Verhältnis ihres Einkommens.

Wenngleich es natürlich immer besser ist, sich über den Ausbildungsgang und die Finanzierung im Vorfeld mit den Eltern zu einigen, sollte in Zweifelsfällen und bei Streitigkeiten rechtzeitig fachkundiger Rat hinzugezogen werden.
(Text: Beate Aumann-Kaup – Rechtsanwältin und Notarin, Fachanwältin für Familienrecht, Fachanwältin für Erbrecht, Mediatorin)