Urlaubswerbung und Realität: Wenn der schöne Schein trügt…
Einfach hin und weg? So fängt es ganz oft an - das Fernweh. Und von da bis zum Buchen ist - dank TV und Internet - der Weg nur noch ein kurzer. So weit, so gut. Oder besser gesagt: so schlecht. Denn manchmal wäre es besser, wenn der Weg ein wenig länger wäre. Denn dann würde man vielleicht doch etwas genauer hinschauen - und damit nicht so einfach auf schöne Werbebilder reinfallen wie im folgenden Fall.
Es ist einer dieser kalten, regnerischen Sonntage im März 2015. Beim Zappen landet die Familie im Sonntags-Lieblingsprogramm vieler »Zapper«, bei Sonnenklar TV. Die wissen genau, wie man Urlaubsgefühle weckt: mit markigen Sprüchen und noch schöneren Bildern und Filmchen, garniert mit Niedrigstpreisen, Schnäppchen-Preisen, Super-All-Inclusive-Preisen.
Ein solches Angebot weckt das Interesse unser sonnenhungrigen Westfalen: 2014 neu renovierte Hotelanlage in Vier-Sterne-Landeskategorie "Labranda Güllük Princess", gerade wieder eröffnet, tolle Lage auf einem Hügel mit Meerblick-Zimmern, Essen, Service, alles toll - und das 14 Tage lang zum Super-Schnäppchen-All-Inclusive-Preis. Ein kurzer rechnerischer Überschlag - und dann steht fest: Da wäre man ja blöd, man würde da nicht zuschlagen. Zumal man das Land (Türkei) und den Service ja von anderen Reisen her kennt. In diesem ebenso sicheren wie wegen der zahlreichen Reisen vorher überheblichen Gefühl unterbleibt.... der sonst immer übliche Check vorab; es wird »blind« gebucht bei Sonnenklar TV, als Reiseveranstalter tritt BigXtra ins Geschehen ein.
Ziemlich genau sechs Monate später wird diese Überheblichkeit hart bestraft. Zwar kommt man abends noch pünktlich an im Hotel. Doch damit beginnen 14 Stunden, auf die die Urlaubssuchenden gern verzichtet hätten. Zunächst streikt - angeblich - der PC für die Zimmerzuweisung. Dann ist das Zimmer - angeblich - noch nicht vorbereitet. Vorschlag der Rezeption: Erstmal essen gehen. Das wird abgelehnt: Die Neuankömmlinge wollen sich lieber erstmal frisch machen. Nach längerer Diskussion geht's tatsächlich dorthin - in die 600-Ebene. Im Fahrstuhl aber staunt man, als es abwärts geht - in den Keller.
Dort wartet der Schock: Der Weg führt durch einen schummrigen, muffigen, feuchten Gang. Wand und Decke sind aufgeschlagen: Wasserschaden. Und der schon länger, wie die dunkle Färbung ausweist. Das »Zimmer« nicht besser. Wasserschaden an einer Wand, verdrecktes Bad, schwarzer Schimmel an den Fugen, modriger, muffiger Geruch. »Aber es soll ja nur für eine Nacht sein«, erklärt der Rezeptionsmitarbeiter. Die Antwort der Urlauber lautet: »Nicht mal eine Nacht!« - und sie verlassen das »Kellerloch« fluchtartig.
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Der Protest in der Rezeption bringt zutage, dass es angeblich kein anderes Zimmer gibt. Aus Verzweifelung gehen die jetzt gestressten Urlauber doch noch essen. Und erleben die »Gemütlichkeit« eines unpersönlichen Speisesaales mit unaufgeräumten Speisenplatten auf Plastikgeschirr, welken Salaten, unsauberen Tischtüchern, lustlosem Personal...
Kein Wunder also, dass dieses abendliche Dinner schnell beendet ist und die Urlauber wutschnaubend vor der inzwischen eingetroffenen Reiseleiterin stehen. Deren einzige Antwort nach intensivem Gemurmel mit Rezeptionsmitarbeitern: »Es gibt für diese Nacht kein anderes Zimmer!« Zwei Telefonate mit Mitarbeitern des Reiseveranstalters in Deutschland (die auch keine andere Lösung wissen als »Dann suchen Sie sich bitte ein anderes Hotel«) später sieht es fast so aus, als sollten die Neuankömmlinge auf Sofas in der Hotellobby übernachten müssen.
Doch plötzlich gibt's Hoffnung: Die Rezeption zieht ein anderes Zimmer "aus dem Ärmel". Es geht zwar wieder in den nassen Keller, aber in ein anderes Zimmer, das zwar auch feucht riecht, in dem das Bad genauso aussieht wie im Vorgängermodell - aber wenigstens läuft kein Wasser aus der Wand. Und weil eine Nacht auf einem Sofa in einer Hotellobby auch nicht wirklich spannend ist, fügen sich die Urlauber ins Unvermeidliche, nachdem die Reiseleiterin den Wunsch nach einem anderen Hotel bzw. auch nur nach Adressen mit den bezeichnenden Sätzen abgelehnt hat: »Ich bin nicht der liebe Gott. Das liegt nicht in meiner Macht.«
Am anderen Morgen um 9 Uhr wolle sie wieder da sein und habe dann auch das gebuchte Zimmer sicher parat. Die Reiseleiterin ist auch pünktlich da, nicht aber das Zimmer - wen wundert's. Und ob es damit am zweiten Tag klappen würde, sei eher unwahrscheinlich. Das Hotel sei überbucht; es gebe das gebuchte Zimmer nicht. Die Neuankömmlinge haben inzwischen erfahren, dass andere Gäste schon seit Tagen auf ihr gebuchtes Zimmer warten…
Das ist der Moment, an dem nach dem Motto gehandelt wird »Selbst ist der Urlauber«: Die Neuankömmlinge machen sich »auf die Socken«, fragen in der Verwaltung des freundlichen, kleinen Küstenortes nach Hoteladressen - und finden wenig später ein modernes neues Haus - "Marina Suites & Spa" - mit hellen und freundlichen Suiten, perfektem Service und Personal, Pool auf dem Dach und - wie sich im Laufe des Urlaubs herausstellt - sehr guter Küche.
Gesehen, gebucht, eingezogen - und natürlich noch einmal bezahlt. Aber unsere Erholungssuchenden »sind zu alt, um schlechten Urlaub zu machen«. Und so genießen sie die restlichen 13 Tage voller Sonne am hoteleigenen Pool. Mit dem Reiseveranstalter werden sie sich nach dem Urlaub frisch gestärkt auseinandersetzen. Eines aber wissen sie ganz bestimmt: Sie werden nie wieder einen Urlaub buchen, ohne vorher die Erfahrung anderer Reisenden gecheckt zu haben. Auch die müssen nicht unbedingt stimmen. Aber nur etwas mehr als 70 Prozent Zustimmung - das ist zumindest ein Warnsignal.... (Die Namen der Betroffenen sind der Redaktion bekannt)