• Lübbecke
  • Espelkamp
  • Rahden
  • Pr. Oldendorf
  • Hüllhorst
  • Stemwede

NABU Minden-Lübbecke zieht Jahresbilanz für 2023

Minden-Lübbecke -

20231230_hallo_minden_nabu_Braunkehlchen_Lothar_Meckling

Hier sieht man ein Braunkehlchen. Es ist Vogel des Jahres 2023. Foto: Lothar Meckling

Normalität ist in den Betrieb des NABU Besucherzentrums Moorhus nach der Pandemie eingekehrt. Die Bildungsangebote für Schulen und andere Gruppen werden wieder nachgefragt und die Natur- und Landschaftsführer freuten sich über regen Besuch ihrer Führungen. „Wie sehr Familien derartige Veranstaltung vermissen, konnte man an den vielen Besuchern unseres Familientags im September ablesen“, so Ramona Gieseking vom BNE-Team des NABU Moorhus. Für das BNE-Team ist die auf 3 Jahre verlängerte Förderperiode des Landes eine tolle Nachricht. Dies schafft Planungssicherheit und Zukunftsperspektive für die Bildungsarbeit für nachhaltige Entwicklung. Neben dem Familientag feierte das Moorhus in diesem Jahr bei einem kleinen Festakt auch sein 10-jähriges Jubiläum. Einen Rückblick auf die Entstehung des Besucherzentrums gaben die vielen Ehrengäste, u.a. Sponsoren und Fördermittelgeber, Mitstreiter vom NABU-Landesverband und Abgesandte aus politischen Gremien. Lothar Meckling, Vorsitzender des Kreisverbandes, blickt mit Stolz auf die Entwicklung des Besucherzentrums: „Wir gehören fest zur Bildungslandschaft im Kreis Minden-Lübbecke. Das Moorhus-Team aus Angestellten und ehrenamtlich Tätigen leistet hervorragende und zuverlässige Arbeit für unsere jungen und älteren Besucher.“

Im Juni luden der Kreis Minden-Lübbecke gemeinsam mit dem NABU Minden-Lübbecke und vielen anderen regionalen Partnern im Klima- und Naturschutz zum ersten Klimafest im Kreis. An vielen Ständen gab es ein buntes Angebot zum Informieren und Mitmachen. Zu einer festen Institution in Sachen Nachhaltigkeit hat sich auch das Repair-Café Lübbecke, das einmal im Monat im Moorhus stattfindet, entwickelt. Hier können durch kleine, und manchmal auch aufwändigere, Reparaturen viele defekte Geräte gerettet und wieder betriebsbereit gemacht werden.

https://www.hallo-luebbecke.de/data/Bildarchiv/2023/202312_Dezember/20231230_hallo_minden_nabu_Wanderfalken_Marienkirche_Jurgen_Heinrich.jpg

Wanderfalken an der Marienkirche in Minden. Foto: Jürgen Heinrich

Auch die mobile Einsatztruppe des NABU, ausgestattet mit diversen Geräten der Landschaftspflege, konnte samstags unter Leitung von Eckhard Schlömer regelmäßig ihrem Engagement nachgehen. Bäume, Hecken und Wiesen wachsen und verändern sich. Sich hier für den Erhalt einer artenreichen und vielfältigen Kulturlandschaft einzusetzen, bedeutet für den NABU, auch selbst Natur- und Artenschutzmaßnahmen durchzuführen. Damit das gelingt, gibt es zum Glück viele interessierte und engagierte Helfer, die tatkräftig mit anpacken.
Wieder mussten Dutzende von Kopfbäumen geschnitten werden, um sie vor dem Auseinanderbrechen zu schützen, und wurden Hecken auf den Stock gesetzt, damit diese durch natürliche Verjüngung wieder dicht aufwachsen. Die Apfelernte auf der NABU-Obstwiese in der Rauhen Horst konnte dieses Jahr allerdings nicht, wie in den Jahren zuvor, mit mehreren Familien und Kindern stattfinden. Die Bäume trugen hier, wie auch anderenorts, schlichtweg zu wenig Obst. Der Obstbaumschnitt auf den Obstwiesen des NABU ist für die Aktivengruppe eine typische Arbeit im Frühjahr. Aber auch die neuen Anpflanzungen von Weiden, heimischen Sträuchern und Bäumen erforderten immer wieder viel Arbeit. Ganz zu schweigen von den vielen Aktionen zum Artenschutz von den Eulen über den Wanderfalken bis zu den Kleinvögeln und Schwalben sowie Fledermäusen durch den Bau von Nisthilfen, Bestandskontrollen und Beringung von Jungvögeln. Verletzte Vögel zum Beispiel durch Aufprall an Glasscheiben oder Verletzungen in der Landschaft wurden zur medizinischen Versorgung zur Wildtierstation Sachsenhagen gebracht.

Mit Sorge betrachte der NABU allerdings die Entwicklung des Artenschutzes auf Landes- und Bundesebene, so Kreisversitzender Lothar Meckling. Das Osterpaket der Bundesregierung zur Förderung der erneuerbaren Energien hat für den Artenschutz rechtliche Unsicherheiten gebracht und nimmt in vielen Punkten keine Rücksicht auf wissenschaftliche Erkenntnisse. Es entsteht der Eindruck, dass ein Sündenbock für den schleppenden Ausbau der erneuerbaren Energien gesucht wird und der Naturschutz hierfür herhalten muss. Nicht nur, dass es dabei den Falschen trifft – für lange Genehmigungszeiten sind nicht zuletzt unterbesetzte Genehmigungsbehörden und fehlende Transportgenehmigungen verantwortlich. Viel problematischer ist es, dass mit dem Abbau des Artenschutzes die Biodiversitätskrise verschärft wird. Programme für mehr Naturschutz werden auf die lange Bank geschoben und vorgesehene Gelder werden gestrichen.
Auch vermisst der NABU, dass beim Ausbau der Photovoltaik ein Schwerpunkt auf die Nutzung der Dachflächen von Privathäusern, Gewerbebauten oder auch Parkplätzen gelegt wird. Vereinfacht wird dagegen vor allem die Flächeninanspruchnahme für PV-Anlagen im Außenbereich. Der NABU ist hier mit gutem Beispiel vorangegangen. Auf dem Dach des Moorhuses wurde von der NABU-Stiftung Naturerbe NRW eine 80 KW-Anlage installiert.

Besonders problematisch ist, so Meckling, dass das Artensterben und der Klimaschutz in einen Topf geworfen werden. Die Klimaerwärmung hat natürlich Auswirkungen auf die Biodiversität. Aber schon bevor ihre Auswirkungen spürbar wurden, hatten wir einen massiven Rückgang an Arten und Individuen, verursacht von Flächenverlusten und einer intensiven Landwirtschaft. Das Braunkehlchen, Vogel des Jahres 2023, und der der Kiebitz als Vogel des Jahres 2024 sind dafür eindrucksvolle Beispiele. Gab es früher in den Feuchtwiesenbereichen der Kreise Minden und Lübbecke große Kiebitz-Kolonien, in denen sogar Eier gesammelt wurden, so muss man diesen Vogel aufgrund der anhaltenden Vernichtung seines Lebensraums mit der Lupe suchen. Landschaftsverbrauch und seine Ursachen, die immer noch viel zu intensive Landnutzung und das nach wie vor anhaltende Artensterben scheinen aktuell in den Hintergrund gerückt.

https://www.hallo-luebbecke.de/data/Bildarchiv/2023/202312_Dezember/20231230_hallo_minden_nabu_Ampher-Grunwidderchen_Karin_Bohrer.jpg

Hier zeigt sich ein Ampfer-Grünwidderchen. Es ist Schmettlerling des Jahres 2023. Foto: Karin Bohrer

Umso wichtiger ist es, dass sich der NABU-Kreisverband lokal und überregional dem Schutz von Natur und Landschaft sowie von Tierarten und Tierartengruppen widmet. „Selbst wenn die Aussichten auf ein erfolgversprechendes Umdenken auf allen politischen Ebenen in Sachen Artenschutz nach wie vor mehr als ungewiss sind, ziehen wir aus erfolgreichen Projekten vor Ort immer wieder neue Motivation“, so Sandra Meier, Fledermausexpertin des NABU Minden Lübbecke. Unverständlich sei für sie, dass die Volksinitiative des NABU und anderer Verbände im NRW-Landtag trotz über 110.000 Unterschriften (wir berichteten) schon 2022 gescheitert sei. „Aus Düsseldorf gibt es keine Signale, dieses Problem systematisch anzugehen. Aber davon werden wir uns nicht entmutigen lassen“, so Sandra Meier, „wir arbeiten mit vielen Unterstützenden auf allen Ebenen weiter an einem Politikwechsel und an tollen regionalen Projekten“. Zufrieden ist sie mit der Bestandsentwicklung der Großen Mausohren im Kreisgebiet. So sind die Hauptquartiere im Burgmannshof in Lübbecke, auf Gut Holwinkel bei Hedem und in der Kirche in Rahden in ihren Besatzzahlen konstant. Noch wichtiger ist, dass die Tiere von den Gebäudeeigentümern als Untermieter akzeptiert werden. In Rahden liefert seit 2022 eine Lichtschranke verlässliche Ein- und Ausflugzahlen. Zudem hat die Kirchengemeinde eine Kamera installiert, über die sich im Sommer die Tiere ohne Störungen beobachten lassen. Jedes Jahr kümmern sich NABU-Bundesfreiwillige und Aktive um die Reinigung des Dachbodens. Auch für den Burgmannshof ist eine große Reinigungsaktion geplant.

Um die Eulenarten kümmern sich im Kreisgebiet intensiv ebenfalls mehrere Personen. Stefan Bulk kontrolliert die Uhuhorste im Wiehen- und Wesergebirge und beringt die Jungen. Er betreut auch noch die Weißstörche im westlichen Teil des Kreises Minden-Lübbecke. Gerhard Neuhaus und Karsten Grewe mit ihren Helfern liegen insbesondere die Steinkauzvorkommen und die Schleiereulen am Herzen. 156 Steinkauzjunge aus 40 Bruten (19 Bereich Minden, 21 Bereich Lübbecke) konnte die Gruppe um Gerhard Neuhaus im Frühjahr beringen. Die Schleiereulen brüteten im Raum Minden 32mal erfolgreich, 133 Jungvögel wurden flügge. Als Untermieter fanden sich ca 30 Bruten des Turmfalken in Schleiereulen Kästen mit 111 Jungvögeln. „Ein besonderes Highlight„, so der Eulenfachmann, der sich auch um Wanderfalken kümmert, „war die Internetübertragung des Brutgeschehens aus dem Wanderfalkennest im Turm der Marienkirche mit 3 Jungvögeln“. Gerhard Neuhaus selbst hatte Spender für die technische Realisierung und die Kirchenverwaltung als Unterstützer gewinnen können. Die Liveübertragung gab interessante Einblicke während der Brutzeit und der Jungenaufzucht für jedermann.

https://www.hallo-luebbecke.de/data/Bildarchiv/2023/202312_Dezember/20231230_hallo_minden_nabu_Arbeitseinsatz_NSG_Rauhe_Horst_NABU.jpg

Ein Arbeitseinsatz im Naturschutzgebiet "Rauhe Horst". Foto: NABU

Seit Jahren hat der NABU die an bzw. in Gebäuden brütenden aber im Bestand gefährdeten Mehl- und Rauchschwalben im Blick. So konnten Hermann Nagel und Erwin Mattegiet wieder zahlreiche schwalbenfreundliche Häuser mit einer speziellen Plakette des NABU auszeichnen. Die Schmetterlingszählaktion sowie die Vogelzählung im Winter und im Sommer des NABU, an der sich 800 Haushalte in Minden-Lübbecke beteiligt haben, zeigt das große Interesse unserer Bürger*innen an einer artenreichen Umwelt, so Ralf Quellhorst, stellvertretender Vorsitzender des NABU Kreisverbandes. Er empfiehlt insbesondere Kinder an den Zählaktionen zu beteiligen, um sie auch auf diesem Weg für ihre Umwelt und die in ihr lebenden Arten zu begeistern.

Aktuell setzt sich der NABU für den Erhalt der Alleen im Kreisgebiet ein und kritisch sieht er den Waldverlust für ein neues Krankenhaus in Espelkamp. Er möchte 30 km gut befahrbaren Radweg am Mittellandkanal vor einer Asphaltierung retten, ist mit der Bundeswehr über Orchideenstandorte auf deren Gelände im Gespräch, unterstützt mit allen Verbänden in Ostwestfalen den Ausbau der Bahnbestandsstrecke zwischen Minden und Hannover, bringt sich in die Landschaftsplanung ein und vieles mehr.

https://www.hallo-luebbecke.de/data/Bildarchiv/2023/202312_Dezember/20231230_hallo_minden_nabu_Arbeitseinsatz_NSG_Rauhe_Horst_NABU.jpg

Hier hat Lothar Meckling ein "Großes Mausohr" an der Rahdener Kirche aufgenommen.

Für die tolle Unterstützung vieler ehrenamtlicher Helfer und für die Spenden von Firmen und Privatleuten bedankt sich der NABU. „Ohne diese Unterstützungen“, so Erich Sommer, Kassenwart des Kreisverbandes, „wäre diese positive Jahresbilanz 2023 des NABU Minden- Lübbecke nicht möglich gewesen“. Wer sich ebenfalls bei den vielseitigen Aufgaben des NABU beteiligen möchte, kann sich per E-Mail unter info@nabu-minden-luebbecke.de melden.

Quelle: NABU Kreisverband Minden-Lübbecke