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So kauft Deutschland heute Autos

Lübbecke -

Junge Frau und junger Mann sitzen im Autohaus und verhandeln einen Autokauf

„Ein Großteil der Autokäuferinnen und Autokäufer gibt sich nicht mit dem aufgerufenen Fahrzeugpreis zufrieden und tritt in Verhandlungsgespräche ein, die hauptsächlich persönlich stattfinden“. Foto: AdobeStock / Studio Romantic / TÜV NORD

Das Auto ist der Deutschen liebstes Kind, das behauptet zumindest der Volksmund. Aber wie wählt man in einer sich immer schneller wandelnden Welt dieses „liebste Kind“ aus? Die aktuelle TÜV NORDDigitalisierungsstudie 2023* gewährt spannende Einblicke in das Kaufverhalten von heute: Der Weg zum neuen Fahrzeug ist nicht mehr nur eine Reise über den Asphalt, sondern auch durch das World Wide Web.

Jochen Bösch, Leiter der TÜV NORD Station Lübbecke, fasst die wichtigsten Erkenntnisse der Digitalisierungsstudie 2023 zusammen und erläutert den Weg zum neuen Fahrzeug in einer Zeit, in der digitale Innovationen und persönliche Bedürfnisse aufeinandertreffen. „Diese Reise hat sich in den letzten Jahren radikal verändert. Früher beschränkte man sich lediglich auf den Besuch im Autohaus. Heute betritt die Kundschaft die Welt des Automobilhandels vor allem durch die virtuelle Tür“, sagt Jochen Bösch, betont aber: „Im Gegensatz zu vielen anderen Branchen wird das Auto aber (noch) nicht gänzlich online, sondern im stationären Fahrzeughandel gekauft.“

Das motiviert Deutsche zum Autokauf

Die Gründe für den Kauf eines Fahrzeugs sind so individuell wie die Käuferinnen und Käufer selbst – von der Notwendigkeit bis hin zur Begeisterung für ein bestimmtes Modell. Das sind die häufigsten Gründe für den Erwerb eines neuen Wagens:

Alter des Fahrzeugs: Für 30 Prozent der Gebrauchtwagen- und 25 Prozent der Neuwagenkaufenden ist das Alter des aktuellen Autos der Hauptgrund für die Anschaffung eines neuen Fahrzeugs.

Defekt oder Unfall: Bei den Gebrauchtwagenkaufenden war dies für 29 Prozent der Auslöser, sich nach einem neuen Auto umzusehen. Im Vergleich dazu spielte dies bei nur neun Prozent der Neuwagenkaufenden eine Rolle. Ein attraktives Angebot motivierte 21 Prozent dieser Gruppe, während nur 12 Prozent der Gebrauchtwagenkaufenden wegen eines Defekts oder Unfalls des aktuellen Fahrzeugs aktiv wurden.

Veränderung der privaten Situation: Andere Lebensumstände, etwa weil wegen Familienzuwachs ein größeres Auto benötigt wurde, ist der dritthäufigste Grund für ein neues Fahrzeug und war für 13 Prozent der Neuwagen- und 17 Prozent der Gebrauchtwagenkaufenden entscheidend.

„In den letzten Jahren gab es aufgrund von Lieferengpässen und Warenknappheit kaum attraktive Neuwagenangebote. Dieser Trend scheint sich nun umzukehren: Sowohl Hersteller als auch Händler setzen wieder verstärkt auf Rabattaktionen“, sagt der TÜV-Experte und erklärt: „Diese Entwicklung spiegelt sich auch in der Studie wider: 2022 wurde nur bei 12 Prozent der Neuwagenkaufenden der Wunsch durch ein gutes Angebot geweckt.“ Negative Emissionswerte und eine unzureichende Umweltfreundlichkeit des alten Fahrzeugs waren hingegen nur für eine Minderheit in beiden Gruppen ausschlaggebend: Fünf Prozent bei den befragten Neuwagenkaufenden und ein Prozent bei den Gebrauchtwagenkaufenden gaben diesen Grund beim Fahrzeugkauf an.

Digital oder direkt? Die entscheidenden Faktoren für die Händlerwahl

Die Wahl des richtigen Autohauses ist ein digital geprägter Prozess, sowohl für den Neu- als auch Gebrauchtwagensektor. Besonders in der frühen Phase ist das Internet ein zentraler Anlauf- und Informationspunkt: 42 Prozent der Gebrauchtwagenkaufenden lassen sich von Online-Fahrzeugbörsen leiten, während 28 Prozent der Neuwagenkaufenden über Herstellerwebseiten ihren Händler auswählen. Interessante Unterschiede und kommende Trends im Kaufverhalten offenbaren sich beim Blick auf die Altersklassen:

Autokaufende bis 29 Jahren: Persönliche Gespräche mit der Familie, der Kollegschaft sowie Freundinnen und Freunden stehen im Fokus und beeinflussen 37 Prozent bei der Händlerwahl. Online spielen bei den jungen Neuwagenkäuferinnen- und käufern Bewertungsportale die tragende Rolle bei der Suche nach dem perfekten Autohaus (23 Prozent). Ein Trend, der bei den über 50-Jährigen mit nur einem Prozent kaum von Bedeutung ist.

Autokaufende von 30 bis 49 Jahre: Empfehlungen aus dem sozialen Umfeld bleiben einflussreich: 17 Prozent der Neuwagen- und 15 Prozent der Gebrauchtwagenkaufenden lassen sich davon leiten. Online ist vor allem die Webseite des Händlers (27 Prozent) und des Herstellers (21 Prozent) ausschlaggebend bei der Wahl der passenden Verkaufsstelle.

Autokaufende ab 50 Jahren: Hier zeigt sich die höchste Händlertreue aufgrund früherer Erfahrungen. 32 Prozent gaben an, keinen neuen Anbieter zu suchen, während dieser Anteil bei den unter 29-Jährigen lediglich 11 Prozent beträgt.

„Die aktuellen Daten veranschaulichen die zukünftige Entwicklung im Automobilhandel“, sagt der Stationsleiter und Schnoor ergänzt: „Bewertungsportale wie man sie beispielsweise aus der Gastronomie kennt, werden immer wichtiger. Zudem werden Autohäuser, die im Internet nur schlecht auffindbar sind, potenzielle Kundinnen und Kunden verlieren – sowohl online als auch offline.“

Die Probefahrt im digitalen Zeitalter: Ein unersetzliches Erlebnis

Trotz Digitalisierung bleibt die Probefahrt ein unverzichtbarer Schritt auf dem Weg zum Traumauto – und die einzige Station im Prozess des Autokaufs, der sich (noch) nicht digital lösen lässt. „Obwohl bereits spannende Konzepte für virtuelle Probefahrten entwickelt und getestet werden, können sie nach dem heutigen Stand noch nicht mit dem realen Fahrerlebnis mithalten“, so Schnoor.

Die Ziele einer Probefahrt variieren deutlich zwischen Gebraucht- und Neuwagenkaufenden. Gebrauchtwageninteressenten nutzen die Probefahrt primär zur Überprüfung der technischen Beschaffenheit des Fahrzeugs, während Neuwageninteressenten das Modell und die Fahreigenschaften kennenlernen möchten. Trotz dieser unterschiedlichen Schwerpunkte zeigt sich ein ähnliches Verhalten in Bezug auf die Häufigkeit der Probefahrten:

Neuwagen: 58 Prozent dieser Käufergruppe möchte mindestens eine Probefahrt machen. Besonders ausgeprägt ist das Interesse bei Elektroautos, bei denen 70 Prozent eine Probefahrt wünschen.

Gebrauchtwagen: Hier streben 72 Prozent der Befragten mindestens eine Probefahrt an.

Verhandlungstaktik beim Autokauf im Fokus

Im Gegensatz zu anderen Branchen sind Preisverhandlungen in Deutschland beim Kauf von Fahrzeugen gängige Praxis: 88 Prozent der Neuwagenkaufenden (2022: 83 Prozent) und 91 Prozent der Gebrauchtwagenkaufenden (2022: 80 Prozent) waren nicht bereit, den aufgerufenen Fahrzeugpreis zu akzeptieren und traten in Verhandlungen ein. Diese Gespräche fanden hauptsächlich persönlich statt:

Neuwagenkaufende: 68 Prozent verhandelten direkt im Autohaus, 11 Prozent nutzten das Telefon. E-Mail-Kontakt (13 Prozent), Videocalls (5 Prozent) und Chat (ebenfalls 5 Prozent) gewinnen sukzessive an Bedeutung.

Gebrauchtwagenkaufende: 76 Prozent besuchten für die Verhandlungen das Autohaus, 11 Prozent wählten das Telefon. Weitere Kommunikationswege waren E-Mail (7 Prozent), Chat (1 Prozent) und Videocalls (0,4 Prozent).

Jochen Bösch, Leiter der TÜV NORD Station in Lübbecke, dazu: „Um ortsungebunden für die Kundinnen und Kunden besser erreichbar zu sein, setzen die befragten Händler durchschnittlich so viele Touchpoints ein, wie noch nie. Für Preisverhandlungen werden Angebote wie Chatsund Videocalls seitens der Kundschaft bislang jedoch nur zögerlich genutzt.“

Die TÜV NORD-Digitalisierungsstudie 2023 bietet noch viele weitere Einblicke in die Welt des Automobilhandels und kann auf der Homepage von TÜV NORD kostenfrei angefordert werden.

*Die Studie entstand in Zusammenarbeit mit der Fachzeitschrift AUTOHAUS und dem Institut für Automobilwirtschaft (IfA). Im Zeitraum vom 1. bis 19. Juni 2023 wurden 519 Autokäuferinnen und Autokäufer befragt, deren Fahrzeugkauf nicht länger als 12 Monate zurückliegt.

Quelle: TÜV NORD